
Schwachhausen
Emma Floßmann
Schauspielerin am Theater Bremen
Text: Theater Bremen
Fotos: Jörg Landsberg, Joel Heyd
In Berlin-Weißensee geboren, in München studiert und in Bremen ihr erstes Festengagement: Die Schauspielerin Emma Floßmann spielt Atréja im Familienstück „Die unendliche Geschichte“ nach dem Roman von Michael Ende am Theater Bremen.
Mal richtig eintauchen in eine Geschichte, sich darin verlieren, nachts davon träumen: von Prinzessinnen und Glücksdrachen, von Mutproben und Übersichhinauswachsen, das kann man in den Romanen von Michael Ende gut erleben. Im Theater Bremen feiert im November für alle Menschen ab sechs Jahren das Familienstück „Die unendliche Geschichte“ Premiere. Schauspielerin Emma Floßmann kommt frisch von der Schauspielschule und steht in der Inszenierung als Atréja auf der Bühne – im Buch ist die Figur ein Junge, Atréju. Worum geht es denn in der „Unendlichen Geschichte“?
Emma Floßmann: Es geht um einen kleinen Jungen, Bastian Balthasar Bux, der eine sehr einsame Kindheit hat. Seine große Leidenschaft ist das Lesen. In einem Antiquariat findet er ein Buch, das heißt „Die unendliche Geschichte“. Er taucht in den Roman ein, der handelt von einem Land namens Phantásien, in dem die Herrscherin, die Kindliche Kaiserin, sehr krank ist. Ein kleines Mädchen, Atréja, bekommt den Auftrag sich auf die Suche zu machen, um die Ursache der Krankheit zu finden und die Kaiserin und damit ganz Phantásien retten. Dabei begegnet sie den fabelhaftesten Wesen und hangelt sich von einem Hinweis zum nächsten, bis sie irgendwann vielleicht akzeptieren muss, dass sie nicht alle retten kann und fast die Hoffnung aufgibt. Im Lauf der Erzählung verbindet sich die Welt von Bastian dabei immer mehr mit der von Atréja. Es geht darum, dass es okay ist, wenn man so ist, wie man ist. Dass man manchmal gebraucht wird, auch wenn man denkt, dass man für die Welt völlig egal ist und dass man viele großartige Dinge, die man in sich trägt, oft noch gar nicht weiß. Dass es manchmal besser ist, Dinge zu zweit zu machen als allein, dass es sich lohnt, mutig zu sein und ich finde es geht um Hoffnung. Eine Geschichte über ungewöhnliche Helden.
Haben Sie die „Unendliche Geschichte“ als Kind schon gelesen oder gesehen? Kannten Sie den Charakter, den Sie jetzt spielen?
Emma Floßmann: Ich habe nur den Film gesehen als Kind. In der Vorbereitung auf die Produktion habe ich es erst gelesen. Ich mag die Figur, die ich spiele, sehr, sie ist pfiffig, schnell, mutig und unbedarft. Man kann sich da eine große Scheibe abschneiden: das ist eine Person, die eine Riesen-Verantwortung bekommt und im ersten Moment sagt man: „Das ist zu groß für dich.“ Aber sie sagt: „Ich schaffe das schon, ich werde es versuchen – mal schauen, was passiert.“

Das Stück wird im Theater am Goetheplatz gezeigt – da passen ja so um die 800 Kinder rein bei einer Schulvorstellung. Sind Sie ein bisschen aufgeregt? Haben Sie schon mal vor Kindern gespielt?
Emma Floßmann: Ich habe „Funklerwald“ aus der letzten Spielzeit dort gesehen. Ich fand es komplett irre, wie laut das ist, wenn wirklich 800 Kinder da sind und mitfiebern. Das war wie ein Rock’n’Roll-Konzert und ich bin sehr gespannt, wie das wird. Ich kann mir das noch nicht vorstellen, da auf der Bühne zu stehen. Es wird sicher sehr aufregend und toll.
Eine Premiere hatten Sie in Bremen schon, Sie sind eine der drei Toves in der „Kopenhagen-Trilogie“ von Tove Ditlevsen. Auch ein Text, in dem man sich verlieren kann, oder? Ditlevsen beschreibt in den drei Romanen sehr offen ihre Kindheit in armen Verhältnissen, ihre insgesamt vier Ehen, ihre Zweifel als Mutter, eine Abtreibung und schließlich ihr Abgleiten in die Medikamentenabhängigkeit. Wie ging es Ihnen damit?
Emma Floßmann: Mich hat das sehr berührt. Sie hat so eine Kompromisslosigkeit und sie hat etwas sehr Rigoroses, indem, wie sie ihr Leben gelebt hat und darüber geschrieben hat. Jedes Leben hat ein Narrativ, aber sie hat wirklich Kunst daraus gemacht. Das war ein richtiger Aufschrei in Dänemark als die Bücher veröffentlicht wurden, weil es ungewohnt war, dass jemand so schonungslos über sich schreibt, so gegen die Erwartungen an eine Mutter und Frau anschreibt. Je mehr man sich mit ihr beschäftigt, desto widersprüchlicher wird sie. Und das ist selten, dass man eine Frau in einer solchen Widersprüchlichkeit sieht. Meistens werden Frauen kategorisiert: das ist diese Art von Frau, das ist diese Art … Frauen werden selten ambivalent dargestellt oder gesehen.
Tove Ditlevsen gibt sich Blöße in ihrem Schreiben – und das ist gleichermaßen anrührend wie manchmal abschreckend.
Emma Floßmann: Das finde ich das Großartigste an ihr, dass sie keine Angst hat, diese Komplexität zu erzählen und dass es ihr egal ist, wenn es jemanden überfordert. Das macht sie ganz plastisch, deshalb ist das so modern, deswegen gibt es diesen Hype um sie.
Auf der Bühne stehen Sie schon von Kindheit an. 11 Jahre alt waren Sie bei Ihrem ersten Auftritt. Wie kam es dazu?
Emma Floßmann: Ich wollte Schauspielerin werden, wie jedes zweite kleine Mädchen – oder vielleicht wollte ich auch einfach nur berühmt werden. Da hat meine Mutter gesagt, dass wir das ausprobieren und hat mich in einem Kinder- und Jugendtheater angemeldet und da bin ich dann geblieben, bis ich 18 Jahre alt war.

Was machen Sie denn, wenn Sie nicht Theater spielen?
Emma Floßmann: Viel ins Kino gehen, Freunde treffen, die nichts mit Theater zu tun haben, wenn es geht, irgendwo hinreisen. Und ich habe jetzt eine Küche und fange an zu kochen.
Sie betonen das so – Freundinnen und Freunde, die nichts mit Theater zu tun haben, ist Ihnen das wichtig?
Emma Floßmann: So sehr ich es genieße mit Leuten am Theater zu sein, ich finde, im Theater kreisen die Gespräche oft ums Theater – und als Schauspielerin versucht man ja, ein Spiegel der Gesellschaft zu sein und wenn da der Kontakt nach außen fehlt, was will man dann erzählen? Das ist mein großes Vorhaben für Bremen, mir etwas außerhalb des Theaters zu suchen. Und mich endlich politisch zu engagieren.
Emma Floßmann, 2001 in Berlin-Weißensee geboren und aufgewachsen, begann mit 11 Jahren am Kinder- und Jugendtheater MEINE BÜHNE Theater zu spielen. Nach einem FSJ in Pécs, Ungarn, bei dem sie mit Schüler:innen eines Gymnasiums eigene Theaterprojekte auf die Beine stellte und versuchte, Ungarisch zu lernen, studierte sie von 2021 bis 2025 Schauspiel an der Otto Falckenberg Schule in München. Während ihres Studiums arbeitete sie u. a. mit Jorinde Dröse und Anne Habermehl („Die Welt wird irr an ihren Früchten“, Münchner Kammerspiele), Georgette Dee („Krieg“, Münchner Kammerspiele), Elias Emmert („Tal der Tränen“, Münchner Kammerspiele) und Florian Fischer („Drinnen“, Lange Nacht der neuen Dramatik) zusammen. Seit 2017 ist sie in verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen wie „Tatort-Kiel“ oder „Sommer auf drei Rädern“ zu sehen. Während ihrer Studienzeit an der Otto Falckenberg Schule drehte sie auch eigene Filmprojekte. Mit der Spielzeit 25/26 ist Emma Floßmann festes Ensemblemitglied am Theater Bremen und u. a. in „Die Kopenhagen-Trilogie“ von Anja Behrens und „Die unendliche Geschichte“ in der Inszenierung von Nina Mattenklotz zu sehen.
www.theaterbremen.de



